Wer übernimmt welche Air-Berlin-Strecken?

Berlin – Für Flugreisende waren die vergangenen Monate unsichere Zeiten. Air Berlin stellte im August 2017 einen Insolvenzantrag. Durch einen Kredit der Bundesregierung wurde der Flugbetrieb noch bis Ende Oktober aufrechterhalten, doch dann war Schluss.

Lufthansa wollte eigentlich die Tochter Niki übernehmen, das scheiterte jedoch wegen kartellrechtlicher Bedenken. Die Folge: ebenfalls Insolvenz. Flüge fielen aus, Veranstalter mussten Tausende Urlauber umbuchen, viele Kunden verloren Geld.

Die Lücken in den Flugplänen, die das Aus von Deutschlands einst zweitgrößter Fluggesellschaft und ihrer Tochter Niki rissen, werden zu einem großen Teil bereits durch andere Airlines geschlossen. Fluggäste müssen sich neu orientieren – und können auf einigen Strecken sogar auf sinkende Preise hoffen. Ein Überblick:

DEUTSCHLAND: Orange statt Rot – Easyjet übernimmt in Berlin

Viel Aufregung gab es, als die innerdeutschen Strecken von Air Berlin wegfielen. Die Ticketpreise bei Lufthansa mit ihrer Billigtochter Eurowings – auf vielen Verbindungen plötzlich Monopolist – gingen durch die Decke. Das Bundeskartellamt meldete Bedenken an.

Verbraucher dürfen künftig jedoch wieder auf günstigere Tickets hoffen, die langfristig sogar unter den Air-Berlin-Preisen liegen könnten: Anfang Januar ging der Billigflieger Easyjet in Berlin-Tegel an den Start – inklusive vier innerdeutscher Verbindungen nach Frankfurt/Main, Stuttgart, München und Düsseldorf. Berlin-Düsseldorf fliegt auch Konkurrent Eurowings, der die Kapazitäten auf dieser Strecke nach eigenen Angaben zum Sommer hin aufstocken will.

«Easyjet wird die Chance nutzen und den Markt aggressiver zu bearbeiten. Damit bekommen wir zunehmend mehr Wettbewerb in Deutschland, was zu sinkenden Preisen führen wird», sagt der
Luftverkehrsberater Gerald Wissel. Easyjet werde günstiger als Air Berlin fliegen. «Das ist eine gute Nachricht für Flugreisende ab Berlin», sagt der Experte.

Die Lücke in Nordrhein-Westfalen nutzt vor allem Eurowings, die mit dem Sommerflugplan ebenfalls neue innerdeutsche Verbindungen auflegt: Düsseldorf-München und Düsseldorf-Stuttgart. Eurowings will nach eigener Aussage «NRW mit Deutschland, Europa und der Welt verbinden». «Für dieses Ziel wird Eurowings vor allem in Düsseldorf ihre Präsenz stark ausbauen», sagt Firmensprecher Klaus Pokorny.

Andere Lücken sind bereits geschlossen worden. So fliegt die Lux Air ab diesem Jahr zwischen Saarbrücken und Berlin-Tegel. Diese Strecke hatte bis zu ihrer Pleite Air Berlin im Angebot.

EUROPA: Vueling statt Niki

Die Niki hat vor allem begehrte Ziele für Sommerurlauber rund um das Mittelmeer angesteuert. Die Airline soll vom britisch-spanischen Luftfahrtkonzern IAG übernommen werden. Die Billigmarke Vueling will die Niki-Strecken bedienen. Der Kauf ist allerdings noch nicht abgeschlossen.

«Die Sommerflüge von Niki werden nicht aus dem Markt verschwinden», prognostiziert Wissel. «Ich glaube nicht, dass es Lücken geben wird. Wir haben immer noch Überkapazitäten im Markt.» In Düsseldorf etwa haben einem Bericht des Fachmagazins «fvw» zufolge gleich mehrere Airlines Interesse an noch nicht verkauften Air-Berlin-Slots. Bis zum Sommer dürften also noch einige Routen hinzukommen, die bisher Air Berlin flog.

Pauschalurlauber dürften vom Aus der Niki im Sommer kaum noch etwas merken. Die großen deutschen Reiseveranstalter haben die Pleite von Air Berlin bereits im Frühjahr 2017 mehr oder weniger kommen sehen und entsprechend umgeplant. Sie nutzen für ihre Pauschalpakete aus Flug und Hotel zum Beispiel Airlines wie die konzerneigene Tuifly (Tui) und Condor (Thomas Cook) sowie Germania oder die Charterlinie Small Planet.

Mittelstreckenziele ab Berlin-Tegel fliegt künftig Easyjet an. Darunter sind Städtereiseziele wie Paris, Rom, Mailand, Madrid, Wien, Zürich, Kopenhagen, Stockholm, Göteborg, Helsinki, Budapest und Krakau – und Sonnenziele wie Mallorca, die Kanaren, Sizilien und Paphos auf Zypern. Zum Ende der Sommersaison können sich Reisende ab Berlin auf mehr als 40 Easyjet-Strecken freuen.

Die Preise auf vielen Verbindungen dürften dadurch eher sinken, was auch Stichproben nahelegen. Beispiel Berlin-Helsinki: Wer für Ende März nach Flügen sucht, findet Easyjet-Preise um die 65 Euro. Finnair liegt ebenfalls bei weniger als 100 Euro. In den Monaten zuvor war die Strecke dagegen oft für um die 180 Euro zu haben.

Wettbewerb in Berlin bringt auch die Fluggesellschaft Germania, die nach dem Air-Berlin-Aus in Tegel eine Maschine stationiert hat. Sie fliegt in diesem Winter nach Gran Canaria, Fuerteventura, Lanzarote, Hurghada und Tel Aviv. Im Mai kommen in Berlin weitere Sonnenziele von Mallorca über Kreta und die Türkei bis Marsa Alam hinzu. Auch in Düsseldorf hat Germania ihren Flugplan ausgebaut.

LANGSTRECKE: «Go West» ohne Air Berlin

Es war die letzte große Offensive vor dem Aus: Unter dem Motto «Yes, We Fly USA» weitete Air Berlin in den letzten zwei Jahren vor der Pleite vor allem ihre Nordamerika-Verbindungen deutlich aus. Für den Winter 2017/2018 waren ursprünglich mal 58 Nonstopflüge pro Woche, für den Sommer 2017 einst sogar 78 geplant gewesen. Zu den Zielen von Berlin und/oder Düsseldorf aus gehörten New York, Los Angeles, San Francisco, Chicago, Miami, Boston, Fort Myers und Orlando.

Lufthansa hat hier bereits im November die Strecke von Berlin nach New York (JFK) übernommen. Außerdem hat die Kranich-Airline die Strecke von Düsseldorf nach Miami aufgelegt. Beide Routen übernimmt mit dem Wechsel auf den Sommerflugplan Ende März Eurowings. Der Low-Coster hat auch die Route Düsseldorf-Orlando aufgenommen.

Neu im Eurowings-Sommerflugplan 2018 sind außerdem je drei Flüge pro Woche von Düsseldorf nach Miami und Fort Myers in Florida. Beide Ziele werden ab Anfang Mai geflogen. Der Lufthansa-Konzern ist also dabei, die entstandenen Lücken zu schließen.

Die Möglichkeiten für deutsche Urlauber, in die USA zu kommen, sind auch ohne Air Berlin groß: Viele Reisende stören sich nicht an einem Zwischenstopp etwa in London oder Paris. Mehr Auswahl ermöglichen hier außerdem die isländischen Airlines, die fast jede Saison weitere USA-Verbindungen aufnehmen und um deutsche Kunden buhlen.

Billigflieger Wow Air setzt dabei auf Low-Coster-Preise. Zubringer nach Island gibt es von Berlin und Frankfurt aus. Im Frühjahr erhöht Wow Air die Zahl der Flüge von Reykjavík nach New York. Und gleich vier neue Ziele sind neu im Flugplan: Cincinnati und Cleveland in Ohio, Detroit in Michigan sowie St. Louis in Missouri. Boston, Washington, Los Angeles, San Francisco, Miami, New York, Pittsburgh und Chicago werden schon ganzjährig angesteuert.

Auch Icelandair nimmt im Frühjahr neue Verbindungen nach Cleveland, Dallas/Fort Worth und Kansas City auf. Wieder im Streckennetz sind dann zudem San Francisco und Baltimore. Die Fluggesellschaft wird somit 23 Destinationen in den USA und Kanada anbieten.

Fotocredits: Frank Rumpenhorst
(dpa/tmn)

(dpa)

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